Donnerstag, 24. November 2011

Heimatkunde 2012 Vorschau: Dagmersellen im Lichte der Münzen


José Diaz Tabernero

Im Auftrag der Kantonsarchäologie führte Romano Agola am 14. September 2009 eine Prospektion auf dem Gelände der Burgstelle Gaitschiflüeli bei Dagmersellen durch.1 Beim Abhang des Burghügels kamen nahe beieinanderliegend zehn mittelalterliche Münzen zum Vorschein. Dabei handelt es sich um Pfennige (Brakteaten) aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Trotz Nachkontrolle zu einem späteren Zeitpunkt konnten keine weiteren Münzen sichergestellt werden.
Es scheint sich offenbar um ein kleines Ensemble oder um den Rest eines grösseren Depots zu handeln. Dafür sprechen die einheitliche Machart (einseitige, vierzipflige Pfennige) wie auch die enge Datierung der Stücke (Schwerpunkt im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts). Die einzelnen Münzen lagen bis zu fünf Meter voneinander entfernt, was darauf hinweisen könnte, dass sie von weiter oben heruntergerutscht sind. Unklar ist, ob die Münzen im Zusammenhang mit der Burg versteckt oder verloren wurden.
Das Ensemble besteht aus sechs Pfennigen des Bistums Strassburg, zwei Brakteaten der Stadt Schaffhausen und je einem Stück der Fraumünsterabtei in Zürich und der Grafen von Froburg in Zofingen. Auffällig ist die hohe Anzahl an Strassburger Prägungen beziehungsweise das vollständige Fehlen von Basler Stücken aus derselben elsässischbaslerischen Region. Ebenfalls nicht
vertreten ist der wichtige Prägeort Bern. Die Fundüberlieferung für das Gebiet der Zentralschweiz von vierzipfligen Pfennigen des 13. Jahrhunderts ist jedoch derart lückenhaft, dass hier keine weiteren Schlüsse gezogen werden können. Neben den zehn Münzen von der Burgstelle Gaitschiflüeli kennen wir lediglich sieben weitere Fundmünzen. Grundsätzlich können Münzen gleicher Machart in sehr grossen Gebieten zirkulieren, wie etwa solche aus Zürich, zu dessen Münzkreis das Gebiet des heutigen Kantons Luzern in dieser Zeit gehörte. Erst ab 1421/1422 wurde in der Münzstätte Luzern, als frühestem Prägeort der Zentralschweiz, mit der Ausmünzung von Geldstücken begonnen. Bei den anderen bekannten vierzipfligen Pfennigen des 13. Jahrhunderts aus der Zentralschweiz handelt es sich um Einzelfunde. Das Ensemble von der Burgstelle Gaitschiflüeli stellt demzufolge trotz der nicht sehr hohen Anzahl von zehn Stücken etwas Besonderes dar, da es sich um das bisher einzige erhaltene Ensemble handelt (oder den Rest davon), mit dem sich zudem die Fundmenge von 7 auf nun 17 Exemplare mehr als verdoppelt hat. Betrachtet man die vertretenen Münzstätten, kommt neu einzig Rufach aus dem Elsass hinzu, wobei die Zuweisung an diesen Prägeort nicht ganz gesichert, aber wahrscheinlich ist.

Vollständiger Artikel in der Heimatkunde 2012.

Zürich, Fraumünsterabtei. Zürich, Pfennig (Silber) um 1275. ZÜRICH;
Köpfe der Heiligen Felix und Regula.