Erschienen in der Willisauer Bote vom 28. November 2017.
ALBERSWIL Am Heimattag kamen die Mitglieder und Freunde der Heimatvereinigung Wiggertal voll auf ihre Rechnung. Sie wurden über Geschäftliches informiert, lernten die Geschichte der Burg Kastelen kennen und genossen eine herzliche Gastfreundschaft. von Adelheid Aregger
«Heimat» ist ein emotionales Wort. «Heimatlos» nannte Johanna Spyri eines ihrer ersten Kinderbücher, bevor sie mit «Heidi» Weltruhm erlangte. Seine Heimat besang Conrad Ferdinand Meyer in seinem «Firnelicht», dessen letzte Strophe Motto für jedes Leben sein könnte: «Was kann ich für die Heimat tun, bevor ich geh im Grabe ruhn? Was geb ich, das dem Tod entflieht? Vielleicht ein Wort, vielleicht ein Lied, ein kleines stilles Leuchten!» Das Bewusstsein, hier eine Heimat zu haben, vermittelte dieser Heimattag 2017 auf hervorragende Art und Weise schon mit dem «Entlebucher Kuhreihen», den Sepp Vogel und Gregor Kunz zur Eröffnung in die voll besetzte Mehrzweckhalle bliesen.
«E chli heili Wält»
Zum ersten Mal wandte sich Xaver Vogel als Präsident der Heimatvereinigung Wiggertal an die grosse Runde der Heimatfreunde und übergab das Wort gleich an Gemeindepräsidentin Erika Oberli. «Unsere 650-köpfige Bevölkerung ist eng mit der Burg Kastelen verbunden», sagte sie und hob unter einer Reihe von Stichworten zu einer Vorstellung ihrer Gemeinde an, die dem Lockruf der Fusion nicht gefolgt und dank einer effizienten Verwaltung und selbstbewusster Bürger immer noch selbstständig ist. «Wir haben allen Grund dazu», sagte die Rednerin, und nannte ausser der auferstandenen Burg mit dem Schloss Sonnenberg weitere wirtschaftliche und kulturelle Highlights: das Agrar- und Spanschachtelmuseum, die Blasiuskapelle, den Planetenweg und vor allem das Erlebnis Agrovision Burgrain. Am Schluss ihres Plädoyers für ihre Gemeinde konnten die Zuhö- rer ihrem Slogan «Dorf mit Stil – Alberswil» zustimmen und auch ihrem Wunsch: «Wir wollen eine eigenständige Gemeinde bleiben und ‹e chli heili Wält› bewahren.»
Den Menzberg im Glas
Ins Bild dieser – angesichts der Globalisierung – schon ein wenig im Aussterben begriffenen Welt passte der ganze Heimattag mit den Arrangements auf den Tischen und der von Alberswilern und HVV-Leuten betriebenen Festwirtschaft mit Einheimischem auf dem Teller und im Glas. Selbst gebackene Kuchen, Bauernbratwürste mit Zwiebelsauce gehörten ebenso dazu wie das Kafi Menzberg. Den speziellen Saft, der einen gewöhnlichen Kaffee zum Kafi Menzberg macht, verschenkte der Präsident nämlich den Männern und Frauen, die an diesem Nachmittag freiwillig im Einsatz waren und zum guten Gelingen des Heimattages beitrugen. Allen voran natürlich dem Hauptakteur Bruno Bieri. Ohne ihn wäre die Burgruine Kastelen wohl nicht zu einem Blickpunkt und Ausflugsziel vieler Menschen geworden und den Heimatfreunden wäre nicht die ganze Burgengeschichte in Bild und Ton vor Augen geführt worden.
Wie die Heimat entstand...
Seinem Beruf verpflichtet, fügte Geologe Bruno Bieri die Burgengeschichte in die Erdgeschichte ein. Er blendete 130 bis 150 Millionen Jahre zurück in eine Zeit, als Haie unsere Gegend unsicher machten, bevor vor zwei Millionen Jahren die Eiszeit die Fauna und Flora erstarren liess. «Die Gletscher haben die Hügel rund geschliffen», beschrieb der Referent die Zeit, ehe der Mensch hier vor 14 000 Jahren erstmals seine Spuren hinterliess. Auf so einem runden Hügel wurde die Vorgängerburg der Kastelen erstellt, wie bei der Ausgrabung gefundene Palisaden beweisen. Zuerst waren die Grafen von Lenzburg Herren in Alberswil und später jene von Kyburg, bis die Verwaltung des Herrschaftsgebiets 1273 wegen fehlender männlicher Nachkommen an das Haus Habsburg überging. Die Kastelen selber hielt feindlichen Angriffen stand und wehrte sich 1375 erfolgreich gegen die anstürmenden Gugler, konnte sich aber nicht dauerhaft gegen das Volk wehren, dem die Feudalwirtschaft auf dem Schloss missfiel. 1645 ging die überschuldete Burg an den Stadtstaat Luzern über und zerfiel zusehends, nachdem im Bauernkrieg 1653 die Dachziegel abgetragen worden waren. 1680 kaufte Reichsfürst und Grossprior Franz von Sonnenberg die Burg, sein Neffe baute 1682 das Schloss, das bis heute in Familienbesitz ist.
…und sie gepflegt wird
Die neue Geschichte der Burgruine begann 1996 mit der Gründung des Vereins und dem Kauf der Burgruine Kastelen. Ihr Werdegang ist das ureigenste Anliegen und Verdienst von Bruno Bieri, der nach zwanzigjährigem Präsidium am 13. Oktober 2017 zum Ehrenpräsidenten ernannt worden ist. In seinem Film kommentiert er die jahrelangen Anstrengungen von der einsturzgefährdeten Ruine zum beliebten Ausflugsziel, das mit dem eingeflogenen Treppenturm in Innern und dem neuen Unterstand auf dem Picknickplatz jedes Jahr Hunderte Besucher anzieht. Der gut ausgebaute Spazierweg, der Grill samt Brennholz gehören ebenso zu den Annehmlichkeiten wie die WC-Anlage, sodass kein Bedarf mehr nach dem Wasser aus dem 57,6 Meter tiefen Sodbrunnen besteht, einem der tiefsten in der Schweiz, dessen Wasserstand von 2,2 Metern konstant bleibt, obwohl täglich 200 Liter zufliessen.
Goldige Momente
Bruno Bieri lockte mit seinem Film viele Zuschauer zu einem Besuch auf der alten neuen Burg Kastelen, aber auch zum Goldwaschen in der Fontannen. Denn im Gespräch mit Xaver Vogel erzählte er von seinem ersten missratenen Goldwasch-Versuch, der 1969 trotzdem zur Gründung des Goldgräbervereins geführt hatte. Er sei Romooser, verriet er auch, «einer jener etwas struben Menschen», aber in Willisau aufgewachsen und von seinen Eltern schon als Kind zur Kastelen hinauf mitgenommen worden. Dass später ein Verein gegründet wurde, sei nicht nur sein Verdienst, gestand er ein und zollte den Mitinitianten Alois Häfliger und Hans Rudolf Thüer Dank und Respekt. «Eingesetzt hat sich jahrelang aber der ganze Kastelen-Vorstand», blickte Bruno Bieri zurück, «er hat viel Geld zusammengebracht und tut es jetzt noch, denn wir müssen das zinslose Darlehen weiter abzahlen. Dafür ist jetzt Daniela Rölli zuständig.» Die neue Präsidentin aus Alberswil, die zwar in Bern wohnt, aber als Kind oft zur Burg hinaufgekraxelt ist, benutzte die Gelegenheit, für die Kastelen zu werben, für den schönen Spaziergang und das Kässeli, «das Sepp Wermelinger leert und der wie ich wünscht, dass alles so bleibt, wie es ist.»